Schutzkonzept
der Ev.-luth. Kirchengemeinde Martini zu Dritt
Inhaltsverzeichnis
1. Leitbild – Unsere Haltung der Achtsamkeit.
2. Begriffsdefinitionen.
3. Verhaltenskodex.
4. Partizipation.
5. Präventionsmaßnahmen.
6. Räumliche Herausforderungen in unserer Gemeinde.
7. Interventionsplan.
8. Checkliste Intervention.
9. Checkliste im Fall eines Übergriffs für Mitarbeitende und Ehrenamtliche.
10. Kontakte und Adressen von Fachberatungsstellen.
1. Leitbild – Unsere Haltung der Achtsamkeit.
Die kirchliche Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist im hohen Maße Beziehungsarbeit. Sie hat von ihrem Selbstverständnis her den Anspruch, ihnen einen sicheren und geschützten Raum zu bieten, in dem sie sich einbringen und ausprobieren können. In diesem Raum sollen sie in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit unterstützt werden. Diese Arbeit hat einen hohen Vertrauensvorschuss. Das bedeutet auch eine besondere Verantwortung. Deshalb ist Prävention jeglicher und insbesondere sexualisierter Gewalt eng mit der eigenen inneren Haltung verbunden. Die christliche Einsicht in die Freiheit und Würde jedes einzelnen Menschen verpflichtet uns dazu, konsequent für die Rechte und das Leben von Menschen einzutreten und ihnen Respekt und Achtung entgegenzubringen. Wo wir in dieser Weise das in uns gesetzte Vertrauen achten, stärken wir bei die Menschen, die sich uns öffnen, das Vertrauen in die eigene Person, ins Gegenüber und das Vertrauen in Gott. Es muss also ein sensibler und achtsamer Umgang miteinander in der Haltung aller verankert sein, um unsere Gemeinde als Teil der ganzen Landeskirche Braunschweigs zu einem sichereren Raum zu machen. Im Bereich der Gewaltprävention gehören Sensibilisierung, Qualifizierung und Handlungssicherheit zu den wichtigen Bausteinen. Dafür sorgen wesentlich Fortbildungen und Präventionsschulungen für alle unsere Haupt- und Ehrenamtlichen.
Dies verpflichtet die Ev.-luth. Kirchengemeinde Martini zu Dritt dazu, konsequent für die Rechte und das Leben von Menschen einzutreten und ihnen Respekt und Achtung in allen Lebensbereichen entgegenzubringen. Die sexuelle Selbstbestimmung ist davon ein wichtiger Teil.
Daraus folgen die leitenden Prinzipien in der Arbeit zum Schutz vor Gewalt:
Keine Toleranz gegenüber den Taten
Fürsorge und Hilfe für Betroffene durch interne Gesprächs- und externe Beratungsangebote
Transparenz bei der Aufarbeitung
Die Ev.-luth. Kirchengemeinde Martini zu Dritt nimmt mit dem vorliegenden Schutzkonzept zur Vermeidung, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung in Fällen von Gewalt ihre Verantwortung für alle Menschen in der Gemeinde bei ihren selbst verantworteten Veranstaltungen an den einzelnen Orten wahr.
Diesem Schutzkonzept liegen die Grundsätze für die Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung in Fällen sexualisierter Gewalt in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Braunschweigs und das Kirchengesetz der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig zum Schutz vor sexualisierter Gewalt vom 6. Mai 2022 zugrunde [https://kirchenrecht-braunschweig.de/document/50109/search/sexualisierte%2520Gewalt].
Bitte wenden Sie sich an uns:
Wenn Sie selbst oder Ihre Kinder von körperlicher, sexualisierter oder seelischer Gewalt oder Grenzverletzung in unserer Gemeinde betroffen sind.
Wenn Sie Situationen bei uns erleben, die Ihnen im oben genannten Sinn ‚merkwürdig‘ erscheinen.
Wenn Sie etwas beobachtet haben, dass Sie unsicher macht und Sie deshalb Gesprächsbedarf haben.
Wenn Sie in unserer Gemeinde etwas erlebt haben, was Ihnen unangenehm war oder sich nicht ‚richtig‘ angefühlt hat.
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Ansprechpartner:innen:
Pfarrerin Dr. Vanessa Viehweger (01732455591)
Pfarrer Christian Hellmers (01639630288)
Mitarbeiterin/Küsterin: Silke Jenewein (017662409944)
Kirchenvorstand: Leonie Hirsch (01603317358)
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2. Begriffsdefinitionen
Sexualisierte Gewalt
Sexualisierte Gewalt meint jedes Verhalten, das alters- und geschlechtsunabhängig die Intim-sphäre verletzt und gegen den Willen der betroffenen Person geschieht oder auch unter Um-ständen, in denen diese aufgrund ihrer körperlichen, seelischen, sprachlichen oder geistigen Unterlegenheit und unter Ausnutzung einer Machtposition nicht zustimmen kann.
Grenzverletzungen
Zu Grenzverletzungen zählen grenzüberschreitende Umgangsweisen sowie grenzüberschreitende, unprofessionelle Interventionen und Machtmissbrauch in Abhängigkeitsverhältnissen.
Beispiele für Grenzverletzungen sind:
Missachtung der Intimsphäre
Grenzüberschreitende Berührungen
einmalige / seltene Missachtung eines respektvollen Umgangsstils (z. B. öffentliches Bloßstellen, persönlich abwertende und rassistische Bemerkungen)
Machtmissbrauch durch sexuelle Handlungen
Sexistische Äußerungen
Sexuelle Belästigung
Als sexuelle Belästigung gilt jede Verhaltensweise mit sexuellem Bezug, die von einer Seite unerwünscht ist und die eine Person in ihrer Würde verletzt. Sie kann in Worten, Gesten oder Taten ausgeübt werden und ist ein schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und die Würde der betroffenen Person.
Die Grenze zwischen harmlosen Flirt, freundschaftlichem Umgang und sexueller Belästigung scheint auf den ersten Blick schwierig zu ziehen. Es gibt jedoch eine einfache Regel: Ausschlag-gebend ist nicht die Absicht der handelnden Person, sondern wie ihr Verhalten bei der anderen Person ankommt. Es ist entscheidend, ob die agierende Person ihr damit zu nahetritt oder nicht.
Beispiele für sexuelle Belästigung sind:
• unerwünschte Körperkontakte und aufdringliches Verhalten gegenüber Mitarbeiter:innen, Kindern und Jugendlichen, weiteren Schutzbefohlenen
• anzügliche und zweideutige Bemerkungen über das Äußere von Mitarbeiter:innen, Kindern und Jugendlichen, weiteren Schutzbefohlenen
• sexistische Sprüche und Witze über sexuelle Merkmale, sexuelles Verhalten und die sexuelle Orientierung von Mitarbeiter:innen und Jugendlichen, weiteren Schutzbefohlenen
• Annäherungsversuche, die mit Versprechen von Vorteilen oder Androhen von Nachteilen verbunden sind
• Vorzeigen von pornografischem Material gegenüber Mitarbeiter:innen, Kindern und Jugendlichen, weiterer Schutzbefohlener
Sexueller Missbrauch
Sexueller Missbrauch bezeichnet sexuelle Handlungen, die nicht im gegenseitigen Einverständnis geschehen. Täter:in und Opfer können grundsätzlich sowohl minderjährig als auch volljährig sein. Häufig besteht ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Täter:in und Opfer.
Unter sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen versteht man ihre Beteiligung an sexuellen Handlungen, die sie aufgrund ihres Entwicklungsstandes nicht verstehen, dazu kein wissentliches Einverständnis geben können und zur sexuellen Befriedigung eines nicht Gleichaltrigen oder Erwachsenen dienen. Sexuellen Missbrauch kann es auch zwischen Gleichaltrigen geben.
Beispiele für sexuellen Missbrauch sind:
Für § 174 bzw. 182 StGB: Die Gruppenleitung nimmt sexuelle Handlung an einem fünfzehnjährigen Teilnehmer vor.
Für § 176 StGB: Ein 18-jähriger ehrenamtlicher Teamer nimmt sexuelle Handlungen an einer 13-jährigen Teilnehmerin vor.
Schutzbefohlene
Schutzbefohlene im Sinne dieses Schutzkonzeptes sind alle Kinder und Jugendlichen sowie volljährige Personen in Abhängigkeitsverhältnissen, wie z. B. Praktikant:innen, FSJ-ler:innen, sowie Personen in Seelsorge und Beratungssituationen.
Nach dem deutschen Strafgesetzbuch § 225 sind Schutzbefohlene definiert als Personen unter 18 Jahren oder wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Personen, die der Fürsorge oder Obhut einer anderen Person unterstehen, deren Hausstand angehören, von dem Fürsorgepflichtigen deren Gewalt überlassen worden oder im Rahmen eines Dienst- und Arbeitsverhältnisses dieser untergeordnet ist.
3. Verhaltenskodex
1. Achtung und Respekt der Würde eines jeden einzelnen Menschen
Unsere Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen in Seelsorge- und Beratungssituationen sowie gegenüber Mitarbeiter:innen ist von Respekt, Wertschätzung und Vertrauen geprägt. Wir achten die Würde und Persönlichkeit eines jeden Menschen.
2. Schutz vor Gewalt
Wir wollen jegliche Art von Gewalt bewusst wahrnehmen. Wir tolerieren sie nicht, sondern benennen sie und handeln zum Besten der Kinder, Jugendlichen und Schutzbefohlenen. Wenn die Ausübung sexualisierter Gewalt droht, hat deren Verhinderung oberste Priorität. Anschuldigungen und Verdachtsmomenten sowie Hinweisen auf täter:innenschützende Strukturen wird unter Berücksichtigung des Krisenplans der Landeskirche unverzüglich nachgegangen. Jeder Fall mit begründetem Verdacht wird laut Interventionsplan gemeldet.
3. Position beziehen
Wir beziehen aktiv Position gegen diskriminierendes, gewalttätiges, rassistisches und sexistisches Verhalten. Das gilt für körperliche Gewalt (z. B. Körperverletzung, sexueller Missbrauch) wie auch für verbale Gewalt (z. B. abfällige Bemerkungen, Erpressung) und seelische Gewalt (z. B. Mobbing).
4. Verantwortungsbewusster Umgang mit Nähe und Distanz
Wir gehen verantwortungsbewusst mit Nähe und Distanz um. Individuelle Grenzen Anderer werden respektiert. Das bezieht sich insbesondere auf die Intimsphäre und persönliche Schamgrenzen von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen.
Auch Kommunikationsbereiche gehören hierzu. Wir beachten das Abstands- und Abstinenzgebot.
5. Qualifizierte Mitarbeiter:innen
Die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen braucht aufmerksame und qualifizierte Mitarbeiter:innen. Wir wollen Menschen Möglichkeiten bieten, Selbstbewusstsein und die Fähigkeit zur Selbstbestimmung zu entwickeln - das bedeutet auch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschlecht. Hierfür achten wir auch auf die Fortbildung von Mitarbeiter:innen Das Thema wird in unseren Arbeitsbereichen regelmäßig bearbeitet und in Besprechungen thematisiert.
6. Selbstreflexion
In unserer Rolle und Funktion als Mitarbeitende in den Strukturen der Landeskirche Braunschweigs haben wir eine besondere Vertrauens- und Autoritätsstellung sowie Vorbildfunktion, mit der wir jederzeit verantwortlich umgehen. Wir reflektieren unsere eigenen Grenzen, unser Verhalten und die eigene Rolle.
7. Respektvoller Umgang im Team
Auch für die Zusammenarbeit in unserer Kirchengemeinde und ihren verschiedenen Arbeitsabläufen achten wir das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, sorgen für einen respektvollen Umgang miteinander und wahren die persönlichen Grenzen unserer haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden.
8. Wahrnehmung/Wahrung der Bedürfnisse Betroffener sexualisierter Gewalt
Die Bedürfnisse derer, die von sexualisierter Gewalt in unserer Kirche betroffen sind, werden in unser Handeln einbezogen und insbesondere Betroffene oder von ihnen benannte Vertreter:innen an der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt beteiligt.
9. Umgang mit und Nutzung von Medien und sozialen Netzwerken
Der Umgang mit sozialen Netzwerken und digitalen Medien ist in der heutigen Zeit alltägliches Handeln. Um Medienkompetenz zu fördern, ist ein professioneller Umgang damit unablässig. Die Auswahl von Filmen, Fotos, Spielen und Materialien muss im Sinne eines achtsamen Umgangs miteinander sorgsam getroffen werden. Sie hat pädagogisch sinnvoll und altersgerecht zu erfolgen.
Beispiele für Verhaltensregeln sind:
• Filme, Computerspiele oder Druckmaterial mit pornographischen, rassistischen und/oder gewaltverherrlichenden Inhalten sind grundsätzlich verboten.
• Die Nutzung von sozialen Netzwerken im Kontakt mit Minderjährigen, zu denen ein Betreuungsverhältnis besteht, ist nur im Rahmen der gültigen Regeln und Geschäftsbedingungen des sozialen Netzwerk-Betreibers zulässig; dies gilt insbesondere bei der Veröffentlichung von Foto- oder Tonmaterial oder Texten, die im Zusammenhang mit der Betreuungsaufgabe entstanden sind. Bei Veröffentlichungen ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht, insbesondere das Recht am eigenen Bild, zu beachten.
• Die Nutzung von sozialen Netzwerken ist nur im Rahmen der Betreuungsaufgaben zulässig.
• Ehrenamtlich und beruflich Mitarbeitende sind verpflichtet, bei der Nutzung jedweder Medien wie Handy, Kamera, Internetforen durch minderjährige Schutzpersonen auf eine gewaltfreie Nutzung zu achten. Sie sind verpflichtet gegen jede Form von Diskriminierung, gewalttätiges oder sexistisches Verhalten und Mobbing Stellung zu beziehen.
• Niemand darf in unbekleidetem Zustand (z. B. beim Umziehen oder im sanitären Bereich) sowie in herabwürdigenden Situationen beobachtet, fotografiert oder gefilmt werden.
10. Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen
Bei der Wahrnehmung unserer Aufgaben arbeiten wir mit anderen gesellschaftlichen Gruppen und Einrichtungen sowie mit kommunalen und staatlichen Stellen, insbesondere mit den Jugendämtern und mit den Strafverfolgungsbehörden, zusammen.
4. Partizipation
Partizipation von jungen Menschen und anderen angesprochenen Personenkreisen ist ein zentraler Bestandteil des Schutzkonzeptes. Partizipation bedeutet: Menschen, die eine Entscheidung betrifft, werden an der Entscheidungsfindung und – umsetzung beteiligt. Dazu gehört Mitbestimmung und Mitwirkung. Bezogen auf das Schutzkonzept bedeutet das: Immer dann, wenn Menschen in ihrer körperlichen und psychischen Integrität von Entscheidungen betroffen sind, sind sie so zu beteiligen, dass sie in ihrer Selbstbestimmung unverletzt bleiben und Selbstwirksamkeit erleben.
Als Kirchengemeinde beteiligen wir die Menschen, die unsere Angebote wahrnehmen an Entscheidungen, die sie betreffen, aktiv. In unserer Kirchengemeinde gibt es strukturelle Hierarchien und Machtgefälle. Diese machen wir transparent. Durch Partizipation und die wertschätzende Art, wie wir mit den Bedürfnissen, Ideen und Impulsen unserer Mitglieder (Klienten, etc.) umgehen, streben wir ein Miteinander auf Augenhöhe an.
Wir setzen uns aktiv dafür ein, dass Strukturen und Prozesse der Beteiligung geschaffen werden, sodass Perspektiven und Bedürfnisse aller Raum haben. Damit das gelingt, zeigen wir eine offene und akzeptierende Haltung gegenüber unterschiedlichen Standpunkten und Vorstellungen. Wir grenzen uns allerdings von sogenannten Meinungen ab, die geeignet sind, Menschen zu diskriminieren und ihre Würde zu verletzen. Es ist uns wichtig, transparent zu machen, wo die Möglichkeit besteht, sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und, wo das nicht möglich ist. Wir begründen unser Vorgehen und lassen die Beteiligten wissen, inwiefern ihre Beiträge berücksichtigt wurden. Wir kommunizieren klar unsere Vorhaben, sodass die Beteiligten verstehen, was wir erreichen wollen und wie sie daran mitwirken können. Die notwendigen Ressourcen, wie Zeit und Raum, Informationen und passende Formate, stellen wir zur Verfügung.
Partizipation findet auf allen Ebenen kirchlichen Handelns statt: Wir wissen, dass Partizipation Zeit und Ressourcen fordert, die oft nicht in ausreichendem Maß vorhanden sind. Trotzdem ist uns gelebte Partizipation wichtig. Wir kommunizieren deshalb offen, wenn wir uns auf einzelne, konkrete Maßnahmen fokussieren wollen.
5. Präventionsmaßnahmen
Es ist wichtig, in kirchlichen Angeboten und der kirchlichen Bildungsarbeit, je nach Alter, Entwicklungsstand und persönlichen Möglichkeiten, präventive Elemente und sexualpädagogische Bildung zu integrieren. Das Thema Nähe, persönliche Grenzen, achtsamer Umgang und Hilfen im Notfall soll in unserem gemeindlichen Leben immer wieder neu diskutiert werden. Deshalb wollen wir
in Kooperation mit anderen Trägern (Beratungsstellen) – auf informative Angebote für unterschiedliche Ziel- und Altersgruppen aufmerksam machen (Kinder, Jugendliche, Eltern etc.). Diese könnten sowohl Wissensvermittlung über Grenzverletzungen, als auch Anregungen für Präventionsmöglichkeiten beinhalten. Diese Themen werden zum Beispiel im Konfirmand:innenunterricht bearbeitet.
Die Arbeit mit Schutzbefohlenen bedarf einer vertieften Aufmerksamkeit. Dabei sollen folgende Ziele verwirklicht werden:
Schutzbefohlene erfahren die Kultur der Achtsamkeit innerhalb unserer Kirchengemeinde und prägen diese mit. Sie werden ermutigt, auf Fehler aufmerksam zu machen und Probleme anzusprechen.
Schutzbefohlene sind sprachfähig, sie können sich ausdrücken und werden mit ihren Bedürfnissen auch gehört.
Schutzbefohlene kennen ihre Rechte. Das sind unter anderem:
o Gleichheit - Alle Menschen haben die gleichen Rechte. Keine Person darf benachteiligt werden.
o Freie Meinungsäußerung und Beteiligung - Alle Menschen haben das Recht bei allen Fragen, die sie betreffen, mitzubestimmen und zu sagen, was sie denken.
o Schutz vor Gewalt - Jede Person hat das Recht auf Schutz vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung.
o Besondere Fürsorge und Förderung bei Behinderung - Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf besondere Fürsorge und Förderung, damit sie aktiv am Leben teilnehmen können.
Schutzbefohlene können ihren Körper und ihre Gefühle deuten und schlechte von guten Geheimnissen unterscheiden.
Schutzbefohlene wissen, an wen sie sich vertrauensvoll mit Fragen und Anliegen wenden können.
Schutzbefohlene haben ein besseres Bewusstsein für ihre eigenen Grenzen.
Schutzbefohlene haben ein Verständnis für die Regeln, wissen, wieso es wichtig ist die Regeln zu respektieren und werden dazu angehalten Regeln einzuhalten.
6. Räumliche Herausforderungen in unserer Gemeinde
Wir sind uns bewusst, dass unsere kirchlichen Orte, insbesondere innerhalb der Gebäude Risiken aufgrund zahlreicher schlecht einsehbarer Bereiche und Rückzugsmöglichkeiten aufweisen. Alle Haupt- und Ehrenamtlichen verpflichten sich während des Gemeindelebens diese mit zu bedenken und im Verdachtsfall einzusehen. Mit den uns gegebenen räumlichen Möglichkeiten können wir nur nach bestem Gewissen umgehen und Menschen für diese Herausforderung sensibilisieren.
Für eine sichere und vertrauensvolle Atmosphäre bedarf es der Transparenz und Beteiligung aller in unserer Gemeinde, die sich an gemeinsamen Formaten beteiligen. Diese Risiken müssen wir akzeptieren und können keine ständige ‚Kontrolle‘ herausfordernder baulicher Gegebenheiten gewährleisten.
7. Interventionsplan
Vorgehen bei Verdachtsfällen
Wenn ehrenamtliche oder hauptberufliche Mitarbeitende einen Verdacht auf sexualisierte Gewalt haben, gilt folgendes Verfahren: Ehrenamtliche Mitarbeitende wenden sich an Hauptberufliche, mit denen sie zusammenarbeiten. Gerade jüngere Ehrenamtliche können damit überfordert sein, mit Fällen sexualisierter Gewalt umzugehen und sollten die Verantwortung dafür an Hauptberufliche weitergeben, sofern diese nicht verdächtigt werden oder involviert sind. Werden hauptberufliche Mitarbeitende verdächtigt oder sind sie involviert, müssen sich Ehrenamtliche direkt an die Fachstelle für Prävention wenden.
Einschätzung eines Verdachts
Wenn Mitarbeitende einen Verdacht auf sexualisierte Gewalt oder auf einen Verstoß gegen das Abstinenzgebot haben, sich aber nicht sicher sind, ob dieser begründet ist, sollen sie sich zur Einschätzung des Verdachtes an die Fachstelle wenden. Die Beratung kann auch anonymisiert erfolgen. Ergibt die Beratung, dass ein begründeter Verdacht besteht, gilt die Meldepflicht. Einschätzungen von Verdachtsfällen können auch bei insoweit erfahrenen Fachkräften in den Landkreisen oder bei unabhängigen Beratungsstellen (siehe Kontaktliste in Abschnitt 9) eingeholt werden.
Meldepflicht
Wenn ein begründeter Verdacht auf sexualisierte Gewalt durch kirchliche Mitarbeitende (hauptberuflich oder ehrenamtlich) oder ein Verstoß gegen das Abstinenzgebot vorliegt, haben berufliche und ehrenamtliche Mitarbeitende diesen unverzüglich der Fachstelle Prävention (Meldestelle) nach § 8 des Kirchengesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt zu melden.
Die Fach-, bzw. Meldestelle ist telefonisch, per Mail und persönlich nach Vereinbarung zu erreichen. Dort werden alle erforderlichen Daten, Schilderungen und Angaben aufgenommen und sowohl zur Bearbeitung, als auch zu statistischen Zwecken erfasst.
Kontaktdaten der Melde- und Ansprechstelle
Diakon Gottfried Labuhn
Telefon: 0 53 31/802-145
Mobil: 01512 2234588
E-Mail: praevention@lk-bs.de
Postanschrift
Fachstelle Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt
Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig
Dietrich-Bonhoeffer-Str. 1
38300 Wolfenbüttel
Interventionsteam
Bei gemeldeten Fällen wird ein Interventionsteam im Landeskirchenamt
gebildet. Die Fachstelle Prävention ist für die Bildung des Interventions-
teams verantwortlich.
Information an das Landeskirchenamt kann an folgende Stellen erfolgen:
■ Fachstelle (offizieller Meldeweg)
■ Personalreferat
■ Rechtsreferat
■ Landesbischof
Das Interventionsteam der Landeskirche Braunschweig besteht aus verantwortlichen Personen aus den folgenden Bereichen:
■ Fachstelle Prävention
■ Rechtsabteilung
■ Personalabteilung
■ Verantwortliche*r vor Ort (Propst*Pröpstin/geschäftsführende
Pfarrperson)
■ Fachverantwortliche/r Mitarbeiter*in
Je nach Verdachtskonstellation wird das Team erweitert um:
■ eine im Kinderschutz erfahrenen Fachkraft
■ Person aus der zuständigen Fachabteilung
■ Leitung des Arbeitsbereiches Kinder- und Jugendarbeit
Die Fachstelle informiert die beteiligten Stellen über das Vorliegen einer Meldung eines Vorfalls oder eines Verdachts auf sexualisierte Gewalt und ruft nach Rücksprache mit der Personalabteilung zeitnah das Interventionsteam zur Einschätzung der Dringlichkeit, zu einer ersten Einschätzung der Sachlage, bei Minderjährigen zur Gefährdungseinschätzung gemäß § 8a SGB VIII, zur Maßnahmenplanung und möglicher strafrechtlicher Bedeutung zusammen. Hierbei ist keine Rücksicht auf die Verhinderung einzelner Mitglieder des Interventionsteams zu nehmen.
Das Interventionsteam hat die Fürsorgepflicht für die betroffene Person und ggf. die Verantwortung gegenüber den Personensorgeberechtigten sowie die Fürsorgepflicht im Rahmen des Dienst-, bzw. Arbeitsrechts für die:den beschuldigte:n Mitarbeiter:in der Landeskirche Braunschweig zu berücksichtigen.
Interventionsplan bei sexualisierter Gewalt
Bei einem angedeuteten, mitgeteilten oder beobachteten Verdacht auf sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern, Jugendlichen oder anderen Schutzbefohlenen durch eine:n Mitarbeitende:n der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig, wenden sich Mitarbeitende an die Fachstelle Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Selbstverständlich können sich auch Personen, die selbst von sexualisierter Gewalt betroffen sind, an die Fachstelle wenden. Der/die angesprochene Mitarbeiter:in der Fachstelle ruft nach Einschätzung der Dringlichkeit und nach Rücksprache mit der Personalabteilung das Interventionsteam zusammen.
Wenn eine minderjährige Person betroffen ist, nimmt das Interventionsteam mit einer im Kinderschutz erfahrenen Fachkraft eine Gefährdungseinschätzung vor, falls das vor Ort noch nicht geschehen ist, und erstellt mit dieser den Schutzplan gemäß § 8a SGB VIII. Die dann geplanten entsprechenden Maßnahmen sind umzusetzen. Auf die Einbeziehung der Personensorgeberechtigten ist zu achten, wenn hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht beeinträchtigt wird.
Der Schutz der betroffenen Person hat Priorität. Bei minderjährigen Betroffenen werden die Personensorgeberechtigten umgehend über den Verdacht und die unternommenen Schritte informiert. Deren Wünsche und Lösungsvorschläge werden in das weitere Vorgehen mit einbezogen. Die Information der Personensorgeberechtigten unterbleibt nur dann, wenn hierdurch das Kindeswohl gefährdet wäre. Der betroffenen Person und den Personensorgeberechtigten wird, wenn gewünscht, Beratung, u.a. durch die Ansprechpersonen für den Umgang mit sexualisierter Gewalt vermittelt. Die Verfahrensabläufe sind gegenüber der*dem Betroffenen und den Personensorgeberechtigten transparent zu halten. Den Personensorgeberechtigten wird nahegelegt, sich vor Erstattung einer Anzeige juristisch beraten zu lassen.
Die beschuldigte Person kann angehört werden, wenn dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts, bzw. des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens möglich ist. Insbesondere, wenn Übergriffe auf weitere Personen zu befürchten sind, kann es erforderlich sein, die beschuldigte Person aus dem Arbeitsfeld (Suspendierung, Umsetzung, Hausverbot, etc.) heraus zu nehmen, auch bevor genauere Ermittlungsergebnisse vorliegen. In besonders schweren Fällen oder, wenn sich die Verdachtsmomente verdichten, besonders aber wenn gegen die beschuldigte Per-
son Anklage erhoben wird, kann auch eine sog. „Verdachtskündigung“ in
Frage kommen.
Eine Verdachtskündigung erfordert eine vorherige Anhörung der beschuldigten Person und die Beteiligung der Mitarbeitendenvertretung (MAV) nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz. Die Gefährdungseinschätzung, der Interventionsplan und die geplanten Maßnahmen sind entsprechend zu dokumentieren und sicher aufzubewahren.
Vorgehensweisen des Interventionsteams
■ Darstellung der Vermutung/des Verdachts/der Beobachtung im
Interventionsteam
■ Bei minderjährigen Betroffenen: Gefährdungseinschätzung mit
einer insoweit erfahrenen Fachkraft gem. § 8a SGB VIII. Dabei Prü-
fung der Einschaltung des Jugendamtes
■ Vereinbarung von Maßnahmen, deren Umsetzung und Zuständig-
keiten zum Schutz des betroffenen Kindes, des*der betroffenen
Jugendlichen oder des*der betroffenen Person.
■ Bei minderjährigen Betroffenen: Einbeziehung der Personensorge-
berechtigten, sofern hierdurch das Kindeswohl nicht gefährdet wird
■ Entscheidung über eine Suspendierung des:der Mitarbeitenden
■ Prüfung der Möglichkeit Strafanzeige zu erstatten
■ Treffen einer eindeutigen und ausreichenden Sprachregelung hin sichtlich des Verdachts auch für die Öffentlichkeit
■ Dem:der aufdeckenden Mitarbeitenden und deren Team sowie den
Leitungskräften werden externe Unterstützungen zur Aufarbei-
tung im Verfahren zur Verfügung gestellt.
■ Das Unterstützungsbedürfnis (psychologisch, seelsorgerlich) aller
beteiligten Personen ist im Blick zu haben.
■ Verbindliche Vereinbarung über das weitere Vorgehen.
Im Falle von wiederkehrenden Grenzverletzungen oder bei sexuellen Übergriffen von Mitarbeitenden gegenüber Erwachsenen in der Mitarbeiterschaft oder durch eine:n Mitarbeitende:n gegenüber erwachsenen Klient:innen oder anderen Personen entfällt die Einschätzung gemäß § 8a SGB VIII, der Interventionsablauf wird jedoch entsprechend angewendet.
Auch nicht mehr justiziable Fälle ab einem begründeten Verdacht sollen
gemeldet werden und werden unter Berücksichtigung der Wünsche der betroffenen Person in der Fachstelle bzw. im Interventionsteam bearbeitet.
8. Checkliste Intervention
Vorfall/Verdacht auf sexualisierte Gewalt außerhalb der Institution
1. Zeichen erkennen, Ruhe bewahren, Informationen aufnehmen
2. Meldung bei der Fachstelle Prävention Weiteres Vorgehen in Absprache mit der Fachstelle
3. Beobachtungen dokumentieren
4. Information des/der Pröpst:in bzw. des der Vorgesetzten
5. Gespräch mit den Eltern, wenn der Schutz des Kindes/ des Jugend-
lichen dadurch nicht gefährdet wird
Vorfall/Verdacht auf sexualisierte Gewalt innerhalb der Institution
Zunächst gilt zu unterscheiden:
■ Tat geht von Mitarbeiter*in aus oder
■ Tat geht von externer Person (Teilnehmende, Besucher o.ä.) aus
1. Zeichen erkennen, Ruhe bewahren, Informationen aufnehmen
2. Meldung bei der Fachstelle Prävention
3. Beobachtung dokumentieren
4. Information des/der Pröpst:in, bzw. des der Vorgesetzten
Grundsätzlich gilt für alle Fälle:
■ Von Beginn an Schutz von Betroffenen Personen gewährleisten
■ Dokumentation aller Schritte und Entscheidungen über den
gesamten Prozess der Krisenintervention
9. Checkliste im Fall eines Übergriffs für Mitarbeitende und Ehrenamtliche
Sollte eine Situation auftreten, die zu Bedrängnis im körperlichen oder wörtlichen Sinn führt, bei der sich die angesprochene Person (Mitarbeiter:in oder Ehrenamtliche:r) unwohl fühlt kann nach folgenden Schritten verfahren werden.
Die Person ruhig darauf ansprechen, dass die Begegnung in dieser Form nicht weiter stattfinden kann.
Sie bitten das Gebäude/den Raum zu verlassen oder ggf. eine weitere Person zum Gespräch dazuzubitten. Im Fall von Ehrenamtlichkeit sollte dies möglichst eine hauptamtliche Person sein – diese kann vom Hausrecht Gebrauch machen.
Bei fortdauernder Belästigung einen Raum aufsuchen und die Tür verschließen.
Wenn möglich die Polizei unter 110 anrufen. Sollte das Handy nicht griffbereit sein, sich durch lautes Rufen bemerkbar machen.
Im Nachgang den Vorfall so schnell wie möglich dokumentieren, zur eigenen Erinnerung in justiziablen Verfahren.
10. Kontakte und Adressen von Fachberatungsstellen
Beratung innerhalb der Landeskirche:
Ansprechperson für Betroffene sexualisierter Gewalt:
Petra Karger, Diplom Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin, Sozialtherapeutin und Supervisorin im Konzept Integrativer Methodik, Externe Beraterin und Mitarbeiterin in der Fachberatungsstelle Heckenrose bei sexualisierter Gewalt vom Peiner Frauenhaus e.V.
Tel: 0 51 71/1 55 86
Mail: heckenrose.peine@web.de
Gottfried Labuhn, Diakon, Sozialpädagoge, Supervisor und Coach, Multiplikator sexualisierte Gewalt Verantwortlicher der Fachstelle Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt
Tel: 0 53 31/802-145, Mobil: 01512/2 23 45 88
Mail: gottfried.labuhn.lka@lk-bs.de
Beratung auf kommunaler Ebene:
Sichtbar - Fachzentrum gegen sexualisierte Gewalt in Braunschweig,
Tel: 05 31/233 66 66
Mail: info@sichtbar-bs.de, www.sichtbar-bs.de
Jugendamt der Stadt Braunschweig - Frühkindliche Hilfen, Tel: 05 31/470 84 30
Servicetelefon Kindeswohl Tel: 05 31/470 88 88, Mo-Do 8:30 – 16:00 Uhr, Fr. 8:30 – 13:30 Uhr
Bei akuten Situationen:
Allgemeine Erziehungshilfe oder Kinder- und Jugendschutzhaus Ölper
Tel: 0531/50 94 98
Beratung für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*- und Inter*-Personen (LSBTI*) in Braunschweig, Koordinationsstelle LSBTI* Mareike Walther
Tel: 0531/470-73 70, Mail: lsbti@braunschweig.de
Beratung auf Bundesebene:
Zentrale Anlaufstelle.help
Tel: 0800/504 01 12
Mail: zentrale@anlaufstelle.help
Hilfetelefon Sexueller Missbrauch
Tel: 0800/225 55 30
Nummer gegen Kummer / Kinder- und Jugendtelefon
Tel: 0800/111 03 33 oder 116 111
Krisenchat - 24/7 Chat-Hilfe für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahren